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Ein erster Versuch: Die operative Übersetzung des impulse4travel-Manifest

Am 4. Dezember 2020 stellten wir gemeinsam mit dem VIR – Verband Internet Reisevertrieb e.V. im Rahmen unseres Zukunftstages das impulse4travel-Manifest vor (Das Manifest selbst findest du auf impulse4travel.de, einen Rückblick auf den Zukunftstag hier.). Generell wirkt das impulse4travel-Manifest für viele recht abstrakt, da es kompakt wesentliche Aspekte zusammenfasst. Beim Zukunftstag näherten wir uns daher aus der operativen Perspektive den großen thematischen Strängen des Manifests und versuchten diese in die eigene Praxis zu übersetzen. Die Ergebnisse möchten wir gerne mit Euch hier teilen.

Unser Vorgehen

Wir führten im Rahmen des Zukunftstages sechs Workshops zu folgenden Aspekten aus dem Manifest durch:

  • Lebensraum
  • Wertorientierte Marktausrichtung
  • Resonanztourismus
  • Nachhaltigkeit
  • New Work
  • Technologie

In jedem dieser Workshops versuchten wir gemeinsam die jeweils praktischen Implikationen zu benennen und zu diskutieren. Wir clusterten diese in folgende drei Bereiche:

  • Bereich Marketing & Kommunikation,
  • Bereich Angebots- und Produktentwicklung
  • Bereich Unternehmen intern –  Arbeitskultur und Organisation

Jede Gruppe von bis zu 80 Personen konzentrierte sich dabei auf jeweils ihren eigenen Aspekt. Der Zeitfaktor war mit insgesamt jeweils nur 45 Minuten sehr limitiert. Dennoch sind wir selbst sehr begeistert, wieviel die „wisdom of the crowd“, die „Weisheit der Masse“, hier zusammentragen konnte.

Die Ergebnisse der impulse4travel-Workshops im Überblick

Dich interessieren all diese Ergebnisse? In Mural sind all die Ideen als Post-its – jeweils ohne irgendeine Wertung, aber für jeden Aspekt gebündelt – zusammengestellt. Lieber ein PDF zum Download? Haben wir natürlich auch: PDF Operative Ableitungen impulse4travel.

Auffällig an den Ergebnissen ist – wenn auch an sich nicht weiter überraschend – dass es thematische Überscheidungen in den einzelnen Aspekten gibt bzw. diese sich untereinander auch bedingen.  So gibt es einige Überschneidungen zwischen den Ideen/Ansätzen in den Workshops Lebensraum, wertorientierter Marktausrichtung sowie Resonanztourismus. Gleichzeitig durchzieht die Nachhaltigkeit praktisch alle Aspekte und es zeigt sich, dass es die Technologie zur Umsetzung vieler Ideen benötigt. Das Thema New Work taucht zudem fast in allen Workshops im Ring „Intern: Arbeitskultur und Organisation“ auf.

Ein Post-it, welches in unterschiedlicher Formulierung in beinahe allen Workshops auftauchte: Klarheit schaffen. Was bedeutet Nachhaltigkeit? Was verstehen wir unter New Work? Was unter Resonanztourismus? An sich sind all diese Begriffe klar definiert, im Alltag werden diese jedoch unterschiedlich interpretiert und verstanden. Eine gemeinsame Sprache und ein gemeinsames Verständnis sind notwendig, wenn wir alle gemeinsam etwas bewegen wollen.

Die Übersetzung für deine operative Arbeit

All die vielen Post-its sind dir aktuell zu viel und zu unübersichtlich? Du fragst dich, was all diese Post-its denn jetzt mit den Aspekten des impulse4travel-Manifests zu tun haben? Wir haben nachfolgend den einzelnen 8 Aspekten jeweils konkrete Umsetzungsideen und Fragestellungen aus den Workshops zugeordnet, welche das Ganze klarer machen. Die nachfolgende Auswahl ist natürlich nicht abschließend, sondern soll dir eher als Inspiration dienen. Was bedeutet impulse4travel für dich persönlich und für dein Unternehmen?

1. Tourismus als Zukunfts- und Lebensraumgestalter

  • Verantwortung übernehmen.
  • Lebensraum sollte als Ökosystem bzw. Kollaborationsraum betrachtet werden, mit verschiedenen Akteuren, mit Wechselwirkungen und Energiekreisläufen (Geld und Kommunikation).
  • Wirtschaftsförderung und Tourismus ist ein Aufgabenbereich, keine Trennung mehr. Unsere Arbeit muss im Einklang mit Wirtschaftsunternehmen, Einheimischen und Gästen (Übernachtung und Tagesausflügler) abgestimmt sein und passen.
  • Sensibilisierung der Reisenden für den Aufenthalt im sozialen Raum.
  • Ressort-Denken von Touristikern unterbinden.
  • Gemeinsame Vision über Organisationsgrenzen hinweg (und in den Organisationen sowieso).

2. Nachhaltigkeit & Wertschätzung als Chancen für zukunftsfähiges Handeln

  • Andere Erfolgsmessung (langfristig, fokussiert auf Kooperation statt Konkurrenz).
  • Diversifikation der Angebote, Mut zur Nische, sorgt für Abbau von Hotspots als Brennpunkte von Konflikten.
  • Nachhaltigkeit immer mitdenken und auch leben.
  • Natur muss eine Stimme bekommen (z.B. durch Netzwerk aus Naturschützern).
  • Ein nachhaltiges Angebot sollte etwas beitragen – nicht nur nicht schädlich sein.
  • Verantwortung nicht nur dem Kunden übertragen, sondern abnehmen – „Lieber Gast – wir haben uns um alles gekümmert!“
  • Bildung für Nachhaltige Entwicklung unterstützen – Gäste müssen mehr über Nachhaltigkeit wissen, um tolle nachhaltige Angebote schätzen zu können.
  • Nudging ist ein tolles tool ohne erhobenen Zeigefinger.

3. Eine konsequente Wertorientierung als Basis für die Marktausrichtung

  • Gemeinsame Werte / Wertvorstellungen als Grundlage
  • Werte etablieren, um Wertschöpfung steigern zu können.
  • Erstellung eines gemeinsamen Wertekodex.
  • Fremdbild und Selbstbild muss auf „einen Nenner“ gebracht werden.
  • Unternehmenswerte / -philosophie / Unternehmensvision im Einklang mit Handeln (intern sowie extern).
  • Weg vom Preis hin zu Wert(en).
  • Produkte müssen ihren Wert (Qualität) ausdrücken, auch im Preis.
  • Wertvolle erlebnisorientierte Produkte schaffen und einen angemessenen fairen Preis dafür finden.

4. Echte Offenheit & Vernetzung in allen Beziehungen

  • Partizipation ist essenziell wichtig – Akteure müssen lokal eingebunden werden aus allen Lebensbereichen (–> lokale Parlamente?).
  • Vernetzung mit/Nähe zu regionalen Leistungsträgern zur gemeinsamen Produktentwicklung.
  • Schnittstellen in Organisationen aktiv fördern oder Teilbereiche zusammenlegen
  • Synergien des Tourismus mit anderen Branchen suchen und fördern: in welcher Hinsicht unterstützen/fördern wir uns schon gegenseitig? Wie können wir noch mehr voneinander profitieren? (regionale Ebene)
  • Kooperation mit Einheimischen organisieren.
  • Umfassende moderne Mobilität (ÖPNV, Carsharing, evtl. auch privat zwischen Tourist:innnen und Bevölkerung).
  • Datenhoheiten auflösen.
  • Zusammenarbeit in offenen Systemen klären: WG-Prinzip oder Eigentumsprinzip.
  • Doppellösungen vermeiden – besser Synergien nutzen.
  • Weg vom ICH, hin zum WIR.

5. Ethische Gestaltung der soziotechnischen Entwicklung

  • Ethik festlegen.
  • Nur weil es geht, ist es nicht gut.
  • Mehrwert für Kunde / Gast im Auge behalten.
  • Vermitteln und Verständnis schaffen für Hintergründe.
  • Grundhaltung aus dem Manifest muss sich in technischen Lösungen widerspiegeln.
  • So viel Technik wie nötig, aber auch so viel wie möglich ohne lösen.

6. Das Leben neuer Arbeits- & Reiseformen

  • Produkte so individuell wie möglich gestalten.
  • Hotel: vom reinen Schlafzimmer zum Kreativen Arbeitsraum.
  • Entwicklung auch außerhalb der Hotels mit angepassten Angeboten für New Work.
  • Coworking Angebote im ländlichen Raum schaffen und diese mit den Strukturen vor Ort vernetzen.
  • Verschmelzung gemeinschaftliches Wohnen, leben & Arbeiten mit Coworkation: fließende Grenzen zwischen Locals und Touristen.
  • Neue Produkte entwickeln – vorhandene prüfen und nachschärfen.
  • Kundenbedürfnisse bei den Veranstaltern kennen, sprich Kunden wünschen Longstay mit Wohnungen/Häuser aber kein Veranstalter bietet es an.
  • Bottom-Up-Prinzip bei Produktentwicklung.
  • Produktgestaltung nur in Abstimmung mit den Einheimischen und betroffenen Akteuren (Naturschutz, Gemeinden, Unternehmen, etc.).
  • Erlebnisfaktor in die Arbeitswelt bringen (Begegnungen, Kultur, Austausch).
  • Vernetzung von Arbeitsort mit „privaten Orten/Beschäftigung“ zeitlich und örtlich.
  • Arbeitszeit komplett offen gestalten für den Arbeitnehmer – Selbstbestimmung fördern.
  • Teamarbeit; keine Hierarchien, neue Arbeitsmethoden.

7. Mitarbeiter*innen als tragende Säule des Wandels

  • Ausbildung sowohl inhaltlich als auch technisch endlich anpassen – weg von frontal und der reinen BWL hin zu ganzheitlichem Denken.
  • Nachhaltiges Denken in Universitäten unterrichten.
  • Ganzheitliches und integriertes betriebliches Weiterbildungsmanagement.
  • Lernen/Weiterbildung als Teil der Arbeit.
  • Kompetenzentwicklung (Kommunikation, Führung, Kollaboration).
  • Sinnhaftigkeit in der Beschäftigung finden/vermitteln.
  • Menschlichkeit am Arbeitsplatz – Akzeptanz und Weiterentwicklung individueller Qualitäten.
  • keine Top Down Strategie, muss von innen gelebt werden.
  • Trau Dich! aus Angst wird Mut.
  • Die Führungskultur muss sich anpassen / wandeln.
  • Flexible Arbeitszeitmodelle, mit weniger Kontrolle und mehr Vertrauen.
  • Mitarbeiter aktiv einbinden – Vorschläge, Motivation.

8. Der Tourismus als politischer Gestalter und Berater

  • Politik aufklären und einbinden.
  • Politik fungiert als Schnittstelle zwischen Bevölkerung & Tourismus.
  • wieder intensiver mit Verbänden zusammenarbeiten – eventuell auch Gewerkschaften, um mehr Gewicht auf poitischer Ebene zu erreichen, z.b. faire Bezahlung etc.
  • Politische Entscheider dafür sensibilisieren, dass auch der Tourismus die Standortattraktivität für Einheimische mitgestaltet.
  • Politische Kommunikation nicht scheuen – bzw. eigene Aktivitäten in Abstimmung mit politischer Kommunikation bringen.
  • Kontakt zu politischen Institutionen im Zielgebiet herstellen.
  • Politisch völlig falsche Ziele mit Subventionierung von LH, TUI, etc. aufzeigen

Für alle Ergebnisse hier noch mal die entsprechenden Links: Mural bzw. direkt zum Download das PDF Operative Ableitungen impulse4travel.

Und? Wie geht es dir hiermit? Welche Punkte fallen dir spontan ergänzend ein? Welche Maßnahmen möchtest du in deinem Unternehmen umsetzen? Gib uns gerne dein Feedback in den Kommentaren!

Weitere Informationen zum impulse4travel-Manifest erhältst Du hier im Blog oder über unseren Newsletter. Anmeldung hier.