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Destinationen Gesellschaftliche Trends Lebensraum Produktentwicklung

Aufgaben einer Tourismusorganisation: Vom Tourismusmarketing zum Lebensraummanagement

In der heutigen Zeit haben sich die Aufgaben von Tourismusorganisationen stark verändert. Weg vom reinen Tourismusmarketing, hin zu einem umfassenden Tourismusmanagement und letztlich zum Lebensraummanagement. Ein Paradebeispiel dafür ist für mich die Freiburg Wirtschaft Touristik und Messe GmbH & Co. KG (FWTM), die diese Transformation in Freiburg aktiv vorantreibt und mit ihrem aktuellen Tourismuskonzept auch ein entsprechendes Fundament liefert.

 

Die Entwicklung des Destinationsmanagements zum Lebensraummanagement

Transformation des Destinationsmanagements (Realizing Progress)

 

Traditionell lag der Fokus von Tourismusorganisationen auf dem Destinationsmanagement 1.0 und 2.0, also der Information und dem Marketing. Insbesondere die touristischen Gäste standen hierbei im Fokus. Entsprechend bestanden die Aufgaben darin, Touristen anzuziehen und ihnen Informationen bereitzustellen. In den letzten Jahren hat sich diese Ausrichtung jedoch stark verändert und weiterentwickelt:

  • Destinationsmanagement 3.0: Management
    Der Fokus richtet sich hier noch immer komplett auf den Tourismus. Dabei stehen die Stakeholder im Mittelpunkt, zu denen neben den definierten Zielgruppen innerhalb aller Gäste auch lokale Unternehmen und die Bevölkerung zählen. Ziel ist es, durch gezielte Produktentwicklung und effizientes Daten- und Informationsmanagement eine nachhaltige und verantwortungsvolle Tourismusentwicklung zu fördern.
  • Destinationsmanagement 4.0: Gemeinwohl
    Auf der Stufe des Destinationsmanagements 4.0 steht das Gemeinwohl im Mittelpunkt, die Perspektive richtet sich auf die Verantwortung im Lebensraum. Dabei wird über das klassische Tourismusmanagement hinaus gegangen. Diese Stufe umfasst somit nicht nur die touristischen Aspekte, sondern auch die Lebensqualität der Bevölkerung und den Schutz von Natur und Kultur. Tourismusorganisationen übernehmen hierin eine zentrale Rolle bei der nachhaltigen Entwicklung ihrer Destinationen. Und zwar bewusst, nicht nur um die Grundlage für ökonomische Funktionen des Tourismus sicherzustellen, sondern um einen echten Beitrag zum Gemeinwohl zu leisten.
  • Lebensraummanagement
    Und es geht sogar noch einen Schritt weiter: Beim Lebensraummanagement stehen nicht mehr das Destinationsmanagement und seine Auswirkungen bzw. das Destinationsmanagement und seine Gestaltung im Mittelpunkt allen Tuns. Stattdessen wird tatsächlich ganzheitlich gedacht und gearbeitet – das Erkenntnisobjekt ist hier die regionale oder städtische Entwicklung der Lebensqualität, für Gäste und Einheimische. Der Tourismus ist hier „nur noch“ ein wichtiger Teil des großen Ganzen.

 

Wie kann so eine Entwicklung aussehen? Beispiel Freiburg

Woher generell die steigende Verantwortung von Unternehmen sowie touristischen Organisationen gegenüber der Bevölkerung vor Ort sowie dem Natur- und Kulturraum kommt? Weil es immer mehr Bewusstsein für das enge Zusammenspiel aller Sparten gibt. Weil es eben nicht nur um Wirtschaftskraft, sondern auch um Lebensqualität geht. Wenn sich beides gegenseitig ergänzt – perfekt!

Gemeinsam ist immer besser als allein. Auch beim Destinations- und Lebensraummanagement.

 

Lass uns einmal einen Blick auf Freiburg werfen. Bereits mit dem Tourismuskonzept 2019 wurde der Weg vom Destinationsmanagement 2.0 zu 3.0 geebnet. Eine klar definierte Marke, abgestimmte Zielgruppen (basierend auf den werteorientierten Sinus-Milieus®) verschoben bereits den Fokus vom Marketing mit der reinen Wachstumsperspektive („mehr Gäste!“) hin zum Management mit der Perspektive auf klar definierte Zielgruppen und Stakeholder.

Immer stärker werden jedoch Stakeholder-Management, Produktentwicklung und Datenmanagement dazu eingesetzt, um nicht nur die Zielgruppen zufrieden zu stellen, sondern stattdessen den Tourismus in Einklang mit den Bedürfnissen der Stadt und ihrer Bewohner*innen zu gestalten. Im Tourismuskonzept 2024 von Freiburg finden sich entsprechend Schlüsselprojekte wie „Begegnungsstätten und Workation-Infrastruktur“, „Stadtteile/Ortschaften mit nachhaltigen Mobilitätskonzepten erlebbar machen“ oder auch „Bewegungsdaten“ als Grundlage für eine bessere Lenkung von Gästen und auch Einwohner*innen.

Alleine die Namen dieser Schlüsselprojekte machen bereits deutlich: Ein solcher breiterer Fokus erfordert eine enge Zusammenarbeit mit verschiedenen Akteurinnen und Akteuren, seien es Verkehrs- und Transportunternehmen, das Amt für Digitales und IT (Digit) oder auch das Garten- und Tiefbauamt (GuT) bzw. das Stadtplanungsamt der Stadtverwaltung Freiburg.

Und dabei zeichnet sich schon ab: Diese engere Zusammenarbeit zwischen den Institutionen und Ämtern führt zu mehr gemeinsamer Gestaltung der touristischen Infrastruktur.

Infrastruktur ist ein gutes Stichwort und führt uns zu dieser Frage:

 

Können Tourismusorganisationen Infrastruktur? Und vor allem: Sollen Tourismusorganisationen Infrastrukturprojekte machen?

Klar ist: Die FWTM ist sicherlich nicht die Organisation, welche eine Straße „aufreißt“ oder neue Gebäude baut. Aber die FWTM spielt hierbei dennoch eine wesentliche Rolle.

Schlüsselprojekt 10) Workation-Location

 

Denn in Freiburg agiert die Tourismusorganisation FWTM verstärkt als Impulsgeber und Kooperationspartner. Dies bedeutet, dass Projekte gemeinsam mit der Stadtverwaltung und anderen relevanten Ämtern umgesetzt werden. Die FWTM unterstützt die Ämter bei Infrastrukturmaßnahmen, welche auch in ihrem eigenen Sinne sind. Das kann personelle sowie kommunikative Unterstützung sein, jedoch ebenso finanzielle Unterstützung. Warum nicht eigenes Budget statt in kurzfristiges Marketing oder in ein einmaliges Event in eine langfristig sinnvolle (touristische) Stadtgestaltung investieren? Die Umsetzung selbst erfolgt selbstverständlich über die Stadtverwaltung und ihre Ämter.

Viele touristische Projekte erfordern eine solche enge Zusammenarbeit mit städtischen Behörden und weiteren Organisationen und Institutionen. Nur so kann wirklich sichergestellt werden, dass die Maßnahmen nachhaltig sind und den Bedürfnissen der lokalen Bevölkerung entsprechen.

 

Konkretes Infrastruktur-Beispiel: die Bächle in Freiburg

Wer an Freiburg denkt, hat sehr schnell die Bächle vor Augen. Sie schaffen einen angenehmen Lebensraum in der Stadt für Gäste und die Bevölkerung. Und das Wasser wirkt ebenso als Erlebnisfaktor – wobei dabei erst einmal egal ist, ob die Einheimischen beim Weinfest mit den Füßen in den Bächle sitzen oder die touristischen Gäste barfuß durch diese laufen und ihre Urlaubsfotos machen. Mit Blick auf die Herausforderungen des Klimawandels bieten die Bächle zugleich einen Ausgleich zur Hitzeentwicklung in der Stadt.
Aber: In generell trockenen Perioden gibt es normalerweise keinen dauerhaften Wasserfluss in den Bächle. Dies soll im Rahmen des definierten Schlüsselprojektes „19) Wasser: Bächle und Trinkbrunnen“ unter Berücksichtigung sämtlicher relevanter Gesichtspunkte überprüft werden.

Typisch Freiburg: Die Bächle

 

Aber was genau heißt in diesem Zusammenhang „überprüfen“? Selbstverständlich werden alle Maßnahmen mit den bestehenden Klimaanpassungskonzepten der Stadt abgestimmt. Die Möglichkeiten der Optimierung der Wasserversorgung, um den Wasserfluss in den Bächle auch bei niedrigem Wasserstand der Dreisam zu gewährleisten, werden überprüft. Falls kein durchgängiger Wasserfluss möglich ist, soll die touristische Kommunikation über die Besonderheit der Wasserversorgung in den Freiburger Bächle und die damit verbundene teilweise Trockenheit gestärkt werden.

Das Ganze erfolgt in enger Abstimmung mit der Stadtverwaltung Freiburg. Insbesondere die Ämter Garten- und Tiefbauamt (GuT), Umweltschutzamt und Stadtplanungsamt sind hiervon betroffen. Doch auch der Energieversorger badenova ist involviert. Und eben auch die FWTM. Die Rolle von letzterer ist in diesem Projekt folgendermaßen definiert:

  • Äußern des Bedarfs
  • Unterstützung bei der Finanzierung via Anschubfinanzierung
  • Kommunikation.

Was dieses Beispiel sehr gut aufzeigt: Natürlich sind die Bächle touristisch relevant. Aber zugleich geht ihre Bedeutung deutlich hierüber hinaus.

 

Was wir im Laufe der Erarbeitung des Tourismuskonzepts gesehen haben

Tourismusorganisationen wie die FWTM in Freiburg zeigen, wie durch gezielte Kooperation und nachhaltige Projekte sowohl der Tourismus als auch die Lebensqualität der Einheimischen gesteigert werden können. Dabei stehen die Bedürfnisse aller Beteiligten im Vordergrund – auch die weiterer Organisationen und Akteure in der Stadt und Region. Die enge Zusammenarbeit ist dabei der Schlüssel zum Erfolg.

Gemeinsam für eine nachhaltige und lebenswerte Zukunft – das ist die neue Mission der modernen  und zukunfsfähigen Tourismusorganisation.

 

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Change Management Destinationen Lebensraum Strategie Workshops

Einheimische in die Nachhaltigkeitsstrategie einbinden – das Praxisbeispiel Bamberg

„Die Einheimischen sollen mitreden bei unserem Tourismuskonzept – am besten so früh wie möglich!“ Das ist der Grundgedanke von Partizipation. Und der ist grundsätzlich gut.

Aber wie geht das eigentlich, „mitreden“? 

Im heutigen Beitrag stelle ich dir ein Beispiel aus der Praxis vor. Nachmachen erwünscht! 

Wann und warum eigentlich Partizipation?

Bevor wir einsteigen, fragst du dich vielleicht: Warum soll ich eigentlich Einheimsche einbinden? Und vor allem: wann? 

Das Warum ist schnell geklärt. „Tourismus findet immer mittendrin statt“, sagt Michael Heger, Geschäftsführer der Bamberg Tourismus & Kongress Service und einer der Protagonisten dieses Praxisbeispiels gerne. Das bedeutet: Ohne Einheimische kein Tourismus. 

Sie machen eine Destination zu dem, was sie ist. Stiften die Kultur, veranstalten Events, engagieren sich in lokalen Vereinen und sind nicht zuletzt auch Arbeitskräfte der Branche. Von all diesen Dingen profitiert die Tourismusbranche ungemein. Denn diese lebendige Kultur bringt so viele Ideen, Erlebnisse und Emotionen hervor. Und der Tourismus darf am Ende diese tollen Geschichten aufgreifen und Menschen von nah und fern damit begeistern. 

Was wir dabei nicht vergessen dürfen:  Was unsere Branche „Destination“ nennt, nennen sie ganz einfach „Heimat“. Ohne Einheimische also kein Tourismus! 

Und damit klärt sich auch das „wann“. Denn wenn es um Heimat geht, wollen Menschen lieber früher statt später mitgestalten. Tourismus ist ja schließlich nicht immer nur positiv konnotiert. Berichte aus Barcelona, Venedig und Hallstadt lassen immer mehr Menschen aufhorchen. Was, wenn es bei uns auch zu einem Ungleichgewicht kommt? 

 

Nachhaltigkeitsleitbild trifft Einheimische – Einblicke aus der Welterbestadt Bamberg

In unserem Praxisbeispiel stelle ich dir heute das Vorgehen aus der Welterbestadt Bamberg und dem Bamberger Land vor. 

Bamberg und das Bamberger Land machen sich aktuell auf den Weg, ein Nachhaltigkeitsleitbild unter der Überschrift „sozial verträglich, ökonomisch erfolgreich und entschieden ökologisch“ zu erarbeiten. Dieses fußt auf den Prinzipien der gemeinwohlorientierten Destinationsentwicklung.

Ein wichtiger Wert in der Gemeinwohlorientierung ist Transparenz und Mitentscheidung. Diesem Wert folgend bezieht die Destination ihre Stakeholder in den Prozess mit ein. Das sind neben dem eigenen Team, den Leistungsträger*innen und der Politik eben auch die Einheimischen.

In der Vorbereitung des gemeinsamen Workshops mit Einheimische aus Bamberg und dem Bamberger Land ging es dann vor allem darum zu überlegen, was man von den Einheimischen wissen möchte. Die großen Themen rund um Besucher*innen-Management und geeignete Angebote rund um das Welterbe sind grundsätzlich bekannt.

Wichtig war also, Stationen zu gestalten, die der DMO wirklich weiterhelfen und den Einheimischen zeigen, dass man die Herausforderungen verstanden hat. 

Herausgekommen sind 3 Stationen mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Diese stelle ich dir nachfolgend vor. 

 

Die Workshop-Stationen

Station 1: Urlaub zuhause

„Was können wir für eine gute Gestaltung der Freizeit für die Einheimischen tun?“ – die übergeordnete Fragestellung an dieser Station. Denn schließlich geht es nicht nur um Gäste von außerhalb. Freizeit ist ein hohes Gut. Und ob jemand 5 oder 500 Kilometer anreist, sollte für den Freizeitwert egal sein. 

Auf einer großen Karte der Stadt und des Landkreises markierten die Teilnehmenden des Workshops mit Pins, Faden und Zetteln ihre Lieblingsorte. Eine super Methode, um Dinge anfassbar zu machen! Aufbauend darauf wurde diskutiert: Was gefällt euch an diesen Orten gut? Wie können sie noch besser werden? 

Wo fühlt ihr euch besonders wohl? Und was können wir besser machen?

 

Die wichtigsten Erkenntnisse:

  1. In der Stadt haben die Einheimischen andere „Lieblingsorte“ als viele Gäste. Während sich viele Gäste in der Altstadt tummeln, mögen es die Bamberger*innen selbst gerne ruhiger und suchen nach Ausgleich im Grünen. Daraus entstehen dann aber auch gerne Konflikte. Denn was für die Einheimischen der Arbeitsweg ist, ist für Gäste ein Ort zum Verweilen.
  2. „Bitte verratet nicht unsere Geheimtipps“ – ein Wunsch, der sich aus dem vorherigen Punkt ergibt und immer wieder geäußert wurde. Ein wichtiger Impuls zum Spannungsfeld Besucher*innenlenkung! Denn ein Ansatz ist schließlich, Gäste besser zu verteilen und Alternativen zu empfehlen. 
  3. Im Landkreis, also um die Stadt herum, haben die Bamberger*innen ähnliche Highlights wie Gäste von weiter weg. Seien es die berühmten Keller, der Badesee oder die Schlösser. Und hier haben sie die gleichen Anforderungen wie die „klassischen Touristen“: Gute Radwege, gastronomische Angebote, öffentliche Toiletten,… 

Gerade der letzte Punkt zeigt also: Gäste und Einheimische als Zielgruppe der touristischen Arbeit zu zeigen ist extrem wertvoll und wichtig. Und oft sind sich die Menschen näher, als es auf den ersten Blick scheint. 

 

Station 2: Dialogforum Tourismus

An dieser Station wurde eine Idee diskutiert, die im ersten Entwurf des Nachhaltigkeitsleitbilds als mögliche Maßnahme steht. Das sogenannte „Dialogforum Tourismus“. Die Grundidee: im regelmäßigen Austausch mit Einheimischen und Verantwortlichen aus dem Tourismus wichtige Themen klären, Konfliktfelder diskutieren, Einblicke in die Arbeit geben und Transparenz schaffen. 

Aber wie kann so etwas konkret aussehen? Mithilfe eines vorgefertigten „Canvas“, also einem großen Papier mit definierten Arbeitsbereichen, haben wir die Idee konkretisiert. Die Fragen auf dem Canvas waren unter anderem: Wer sollte dabei sein? Was sind gute Zeitpunkte und eine angemessene Dauer? Welche Themen gehören in den Dialog? 

Mit klaren Fragen die Diskussion strukturieren: die Station „Dialogforum Tourismus“

 

Die wichtigste Erkenntnis: Es gibt am Ende nicht nur ein Format, um alle Probleme zu lösen. Vielmehr geht es um eine koordinierte Menge an Maßnahmen. Das reicht von Pressearbeit, physischen Austauschformaten bis hin zu Vorträgen in Vereinen. 

 

Station 3: Tourismusakzeptanz

Wir alle kennen sie inzwischen: Die Tourismusakzeptanzstudien. Auch in Bamberg wurde schon mehrfach eine Erhebung gemacht. Das sorgt zum einen für mehr Klarheit und Transparenz zur Tourismusgesinnung, erzeugt aber auch neue Fragen. Denn häufig fehlt das „warum“ hinter der Abstimmung. 

An dieser Station haben wir also live und in Farbe mithilfe des Umfrage-Tools Mentimeter eine kleine Tourismusakzeptanzstudie durchgeführt. Die Teilnehmenden haben die Fragen zuerst auf ihrem Smartphone beantwortet. Anschließend wurde diskutiert, wie die Anwesenden zu dieser Einschätzung kommen. 

Umfrage trifft Diskussion: Das „warum“ hinter den Daten verstehen

 

Die wichtigsten Erkenntnisse: 

  1. Die Einheimischen verstehen unter „Tourismus“ etwas anderes als die Fachbranche. Meist werden nur Übernachtungsgäste als Touristen gesehen oder Tagesgäste, die klar als „von weiter weg“ identifiziert werden. Wenn die Tagesgäste den lokalen Dialekt sprechen, fallen sie den Einheimischen nicht wirklich auf. Das beeinflusst stark die Wahrnehmung von „zu viel“ oder „zu wenig“ Tourismus. 
  2. Eine regelmäßige Erhebung zur Tourismuswahrnehmung und -akzeptanz ist ein wichtiges Feedback, wie die Arbeit in der Bevölkerung gesehen wird. Sie ist damit eine der neuen KPIs, wenn man seine Destination gemeinwohlorientiert ausrichten möchte. 
  3. Eine qualitative Ergänzung zur Tourismusakzeptanz ist extrem wertvoll, um Konfliktfelder besser zu verstehen. Denn allzu häufig schaut man nur mit der eigenen Brille auf Ergebnisse oder wertet schlimmstenfalls die Rückmeldung ab.

 

Unsere Learnings für dein eigenes Format

Übergreifend gab es weitere wichtige Learnings, die du für die Vorbereitung eines eigenen Formats mitnehmen kannst. 

  1. Gut vorbereitet = gute Ergebnisse. Ein Partizipationsformat braucht eine solide Vorbereitung. Was wollen wir lernen? Wollen wir Feedback auf eine Idee oder gemeinsam gestalten? Wie können wir Ideen anfassbar machen? Und wer muss dabei sein? Das sind nur einige der vielen Fragen, die wir uns vorab gestellt haben.
  2. Der Blick nach Vorne. Die Teilnehmenden wollen natürlich wissen, wie es weitergeht. Da braucht es handfeste nächste Bausteine, um das aufgebaute Vertrauen weiter zu festigen. Im Fall unseres Praxisbeispiels ist das z. B. eine solide Nachlese sowie ein „Tag des Tourismus“, bei dem Einheimische im Herbst selbst die touristischen Angebote nutzen und ihre eigene Stadt und Region neu erleben können.
  3. Ganzheitlich statt Eintagsfliege. Das hier vorgestellte Format war nur einer von zahlreichen Terminen mit unterschiedlichen Stakeholdern. So können unterschiedliche Perspektiven einfließen. Das braucht natürlich Zeit und einen langen Atem. Schlussendlich lohnt sich das aber, um einen langfristigen und ganzheitlichen Prozess zu erreichen. 

 

Weiterlesen

  • Mehr über den Workshop und den gesamten Prozess findest du auf dem Bamberger Tourismusblog. Der Blog ist generell übrigens ein weiteres Best Practice, das gerne Nachahmer finden darf. 
  • Mehr über unsere Herangehensweise an Co-Kreation und Partizipation findest du auf unserer entsprechenden Fokusseite.
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Change Management Destinationen Gesellschaftliche Trends Lebensraum

Finanzierung im Tourismus: Zwischen Sparkurs und Neuausrichtung

Die Finanzierung von Tourismusorganisationen, DMOs und Verbänden steht derzeit vor großen Herausforderungen. In vielen Kommunen und öffentlichen Organisationen wird derzeit der Rotstift angesetzt, denn die Budgets sind knapp und der Druck zur Reduzierung freiwilliger Aufgaben steigt. Und ja, der Tourismus fällt oft genau in diese Kategorie: eine freiwillige Aufgabe. Doch was passiert, wenn wir genau hier sparen?

 

Knappe Kassen, hohe Kosten

Die Budgets vieler Gemeinden, Landkreise und öffentlicher Akteure werden durch interne und externe Faktoren stark belastet. Höhere Löhne und zusätzliche Kosten (z. B. ausgelöst durch Putins Angriffskrieg) sind nur zwei der vielen Kostenfaktoren, die öffentliche Haushalte zusätzlich belasten. Die Konsequenz? Es wird gespart, wo es geht – und der Tourismus ist oft einer der ersten Posten, die auf den Prüfstand kommen.

Doch genau hier liegt das Problem: Tourismus ist weit mehr als nur eine Möglichkeit, Urlauber*innen anzulocken. Tourismusprojekte übernehmen Aufgaben, die auch der lokalen Bevölkerung zugutekommen und zur Lebensqualität beitragen. Von der Erhaltung kultureller Stätten über die Pflege von Grünanlagen bis hin zur Förderung von lokalen Veranstaltungen – all das sind Aspekte, die sowohl Einheimische als auch Touristen schätzen und nutzen.

 

Tourismus als Motor für das Gemeinwohl

Der Tourismus trägt dazu bei, dass Städte und Gemeinden attraktiv und lebenswert bleiben. Er schafft Arbeitsplätze, fördert die lokale Wirtschaft und erhält kulturelle und natürliche Ressourcen. Wenn er im Sinn einer nachhaltigen Destinationsentwicklung gestaltet wird und seine Verantwortung im Lebensraum wahrnimmt, trägt er massiv zum Gemeinwohl bei. Ohne eine angemessene Finanzierung dieser Projekte kann die Lebensqualität in den Gemeinden drastisch sinken und damit auch die Wettbewerbsfähigkeit der Region.

Die Transformation des Destinationsmanagements (eigene Darstellung)

 

Neuausrichtung und innovative Ansätze

Natürlich bedeutet das nicht, dass der Tourismussektor sich auf alten Erfolgen ausruhen kann. Ganz im Gegenteil: Es ist an der Zeit, sich neu auszurichten. Weg von der Marketingorganisation, ausgerichtet auf den Erfolg weniger, hin zu echten Mehrwerten für den Lebensraum.

Es ist unerlässlich, bestehende Maßnahmen kritisch zu überprüfen und die Hausaufgaben in der eigenen Organisation zu machen. Welche Projekte sind wirklich erfolgreich und tragen zur gewünschten Destinationsentwicklung bei? Unsere Matrix für nachhaltige Destinationsentwicklung ist das perfekte Tool um das bisherige Handeln zu hinterfragen. Wo gibt es noch Verbesserungspotenzial? Diese Fragen sollten im Mittelpunkt der zukünftigen Planung stehen.

Matrix für nachhaltige Destinationsentwicklung

 

Die Finanzierung als Schlüssel

Eine Zeile in der Matrix für nachhaltige Destinationsentwicklung nimmt explizit die Finanzierung, d. h. die Eigentümer*innen und Finanzpartner*innen in den Blick. Dort liegt auch der Schlüssel für die Lösung des Problems. Dieses muss strukturell und regulatorisch gelöst werden – wir brauchen neue Finanzierungsmodelle, die der neuen Realität auch gerecht werden. Die Nationale Plattform für Tourismus nimmt sich seit kurzem in einer Initiative dieses Themas an. Aber das wird nicht reichen – wir haben es mit einem Systemproblem zu tun, das auch im System gelöst werden muss. Wir brauchen politische Sensibilität auf allen Ebenen um die Rahmenbedingungen in den Ländern zu ändern.

 

Fazit: Transformation ist unterlässlich.

Die Finanzierung im Tourismus steht vor großen Herausforderungen, doch mit der richtigen Unterstützung und einer klugen Neuausrichtung kann der Sektor und die Tourismusorganisationen weiterhin einen wertvollen Beitrag zur Lebensqualität in unseren Regionen, Städten und Orten leisten. Es braucht innovative Ansätze zur Finanzierung und die Bereitschaft, bestehende Aufgaben, Strukturen und Prozesse zu hinterfragen und neu zu gestalten. Nur so können wir sicherstellen, dass der Tourismus auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielt – für die Touristinnen und Touristen sowie die Einheimischen gleichermaßen.

In diesem Sinne: Packen wir es an und machen wir den Tourismus fit für die Zukunft! Denn: Wenn wir es nicht machen, werden wir gestaltet werden.

 

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Change Management Digitalisierung Künstliche Intelligenz Nachhaltigkeit im Tourismus Zielgruppen

Nachlese Praxistag Zukunftsfähiger Tourismus – Teil 3 „Nachhaltigkeit kommunizieren“

Praxisnahe Sessions mit Impulsen in den Schlüsselbereichen Führung, Produkt und Kommunikation auf der digitalen Bühne – das war der Praxistag „Zukunftsfähiger Tourismus: Konkrete Schritte für nachhaltige Lösungen“ am 27. Juni 2024. 

In diesem und 2 weiteren Beiträgen wollen wir mit dir eine Rückschau auf den Tag wagen und dich in die Ansätze und Erkenntnisse mitnehmen. 

Dies ist der dritte und letzte Beitrag der Serie. Wir tauchen gemeinsam ein in den Themenblock 3 – Nachhaltigkeit kommunizieren. 

Gute (Nachhaltigkeits-)Kommunikation ist zielgruppengerecht statt beliebig

Die Daten machen den Unterschied – mit künstlicher Intelligenz ist schon vieles möglich, die hohe Qualität entsteht aber erst durch einen soliden Unterbau. Catharina Fischer zeigte zum Einstieg, wie wichtig die Klarheit über die Kommunikationsanforderungen der Zielgruppen hinsichtlich der Nachhaltigkeit ist.

Mithilfe der Sinus-Milieus zeigte sie auf, dass allein die Wahrnehmung des Wortes “Nachhaltigkeit” je Milieu total unterschiedlich ist. Das reicht von sehr positiv über neutral zu stark ablehnend. 

Aber was bedeutet das für die Kommunikation? Einige Beispiele in Bezug auf die Milieus: Das Adaptiv-Pragmatische Milieu (die sogenannte “neue bürgerliche Mitte”) bevorzugt in Bezug auf die Reise einfache Informationen, die persönliche Vorteile des nachhaltigen Verhaltens in den Vordergrund rücken. Konsumdebatten sollen bitte außen vor bleiben, ebenso wie zu komplexe Inhalte oder die Argumentation, dass hohe Kosten ja gerechtfertigt seien. 

Künstliche Intelligenz als Unterstützer für zielgruppengerechte nachhaltige Kommunikation

Wie man das übersetzt in gute Kommunikation? Hier kommt die KI ins Spiel. Günter Exel zeigte interaktiv mithilfe eines ChatGPT-basierten Tools direkt auf, wie man Zielgruppeninformationen in nachhaltige Kommunikation übersetzen kann.

So können bestehende Texte mithilfe der KI stärker für eine bestimmte Zielgruppe neu formuliert werden. Gleichfalls kann KI per Analyse unterstützen und aufzeigen, für welches Milieu der aktuelle Text besonders ansprechend ist. Und natürlich kann ein solches Tool auch dabei helfen, neue Produktansätze zu finden (und diese anschließend in geeignete Kommunikation zu übersetzen). 

Ein Pionierprojekt der touristischen Kommunikation mit Künstlicher Intelligenz: VisitKölnGPT

 

Müssen wir jetzt alle eine eigene KI aufsetzen, um im Bereich Nachhaltigkeit voranzukommen? Wir müssen nicht, aber wir können. Roland Trebo regte an, erstmal die Prozesse zu analysieren und gerne auch mit der KI rumzuspielen, bevor man eigene Lösungen entwickelt. Anschließend darf eine genauere Zielsetzung definiert werden, bevor es dann in die Wahl oder die Umsetzung des Produktes geht. Dabei ist es in dieser schnelllebigen Zeit wichtig, eine zukunftssichere Lösung anzustreben. Ein Beispiel  für eine solche Anwendung durften wir mit VisitKölnGPT übrigens schon für Köln Tourismus aufsetzen. Abschließend gab er noch mit, das Thema KI nicht als Projekt sondern als Prozess zu sehen.

Weg von Naturbildern, hin zur ganzheitlichen Kommunikation

In der anschließenden Talkrunde vertieften unsere Expert*innen das Thema nachhaltige Kommunikation und Künstliche Intelligenz. 

Unsere Talk-Runde zum Thema Nachhaltigkeit kommunizieren in der Praxis: Catharina Fischer, Erik Hoffmann, Armin Brysch und Kerstin Dohnal

 

Armin Brysch (Professor of Service Management and Digital Marketing at Kempten University, Germany) teilte seine Erkenntnisse aus der Forschung. Gerade auf Social Media wird immer noch stark über Natur und intakte Tierwelt kommuniziert. Die Soziale Nachhaltigkeit und das Ökonomische wird aber kaum thematisiert.

Best Practices sind aus seiner Sicht Veranstalter wie Studiosus, die auch Aspekte wie CO2-Faktoren aufzeigen – was für die entsprechende Zielgruppe aber eben gut passt und nicht als Störfaktor aufgefasst wird, sondern eher als Qualitätsmerkmal. 

Erik Hoffmann (Tourismus Zentrale Saarland GmbH) zeigte die konzeptionelle und operative Herausforderung in der Bildsprache auf: klassische “grüne” Motive sind einfacher herzustellen und sprechen für sich. Bildsprache, die alle Facetten der Nachhaltigkeit aufgreift, erfordern dagegen mehr Kreativität und neue Perspektiven.

“Es gibt eine große Scheu über Dinge zu sprechen, die noch nicht perfekt sind”, merkt Kerstin Dohnal (Conscious Tourism Group) an. Ihre Empfehlung: Transparenz schaffen, über Herausforderungen und Ziele sprechen. Denn “perfekt” gibt es in diesem Thema ohnehin nicht. 

Worin sich alle in der Runde einig waren: Es braucht eine differenzierte Ansprache, um Gäste von nachhaltigen Angeboten zu überzeugen. Künstliche Intelligenz kann dabei auf vielen Wegen unterstützen, sei es bei der Erstellung von Inhalte oder das bessere Verständnis von Anforderungen von Gästen und Stakeholdern. 

Die ganze Serie

Das war Teil 3 von 3 der Nachlese zum Praxistag „Zukunftsfähiger Tourismus: Konkrete Schritte für nachhaltige Lösungen“ am 27. Juni 2024. Einen Überblick, was an diesem Tag alles geboten war, findest du nochmals auf unserer Fokusseite.

Einen Rückblick auf Themenstrang 1 „Sustainable Leadership – Nachhaltigkeit ist Chefsache“ findest du hier.

In Teil 2 haben wir das Thema „Nachhaltige Produktentwicklung in der Praxis“ besprochen. Den Beitrag findest du hier.

Loslegen

Du willst nicht nur reden sondern machen. Wir auch. Insbesondere zum Thema zielgruppengerechte Nachhaltigkeits-Kommunikation und Künstliche Intelligenz haben wir dafür praxistaugliche Einstiegsformate.

Schau dafür einfach mal in unserem Bereich „Seminare und Workshops“ vorbei.

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Destinationen Nachhaltigkeit im Tourismus Produktentwicklung Zielgruppen

Nachlese Praxistag Zukunftsfähiger Tourismus – Teil 2 „Nachhaltige Produktentwicklung in der Praxis“

Praxisnahe Sessions mit Impulsen in den Schlüsselbereichen Führung, Produkt und Kommunikation auf der digitalen Bühne – das war der Praxistag „Zukunftsfähiger Tourismus: Konkrete Schritte für nachhaltige Lösungen“ am 27. Juni 2024. 

In diesem und den folgenden 2 Beiträgen wollen wir mit dir eine Rückschau auf den Tag wagen und dich in die Ansätze und Erkenntnisse mitnehmen. 

In diesem Beitrag tauchen wir ein in den Themenblock 2 – Nachhaltige Produktentwicklung in der Praxis.

Wenn das Produkt der Komptenzbeweis ist, darf Nachhaltigkeit nicht nur ein Add-on sein 

Nachhaltigkeit ist Pflicht – aus Sicht der Kund*innen, für die Gewinnung von Mitarbeitenden und aus Gründen der Regulatorik”. Das war die zentrale Aussage des Impulses von Anna Scheffold und Kristine Honig. Denn das Produkt steht als ultimativer Komptenzbeweis im Zentrum des Handelns. Hier wird Nachhaltigkeit für den Kunden konkret erlebbar. Behaupten kann man in der Kommunikation also viel – wenn man es nicht glaubwürdig umsetzt verspielt man das Vertrauen der Gäste. 

Besonders spannend in diesem Zusammenhang: Wie sich regulatorische Aspekte heute schon im Produkt zeigen. Beispiele sind die Mehrwegpflicht in der Gastronomie, der Stop des “Nachhaltigkeits-Labels” von Booking oder dass die Lufthansa ab Janaur 2025 die Flugpreise mit einer Umweltgebühr aufstocken wird. 

Aber wie kommt man zu einem nachhaltigen Produkt? Mit den klassischen Methoden zur Produktentwicklung, die um nachhaltige Fragestellungen erweitert werden.

Unterstützende Rahmenwerke sind z.B. die Matrix für nachhaltige Destinationsentwicklung, die wir in der Zusammenarbeit mit der Bayern Tourismus Marketing entwickelt haben oder das “Sustainable Business Canvas”, das neben den klassischen Dimensionen der Produktentwicklung auch Sozio-Ökonomische Faktoren erfasst.

Realizing Progress - Ringmodell 2022
Das Produkt steht als ultimativer Komptenzbeweis im Zentrum: Hier wird Nachhaltigkeit für den Kunden konkret erlebbar

 

Mit Digitalisierung die Nachhaltigkeit voranbringen

Ziel des Tages war, konkrete Lösungen für die nachhaltige Entwicklung aufzuzeigen. Die perfekte Gelegenheit, 2 Lösungsanbieter auf die Bühne zu heben, die mit Digitalisierung und Nachhaltigkeit in einer perfekten Symbiose vereinen!

  • Das ist zum einen naturtrip, die Ausflüge mit Bus & Bahn in Tourismusregionen so einfach wie möglich machen wollen. Eine Anwendung die Datenbanken für die nachhaltige Entwicklung einer Region in Wert setzt. 
  • Des Weiteren freuten wir uns über den Impuls von Eco-Counter, die sich auf die Zählung von Fuß- und Radverkehr spezialisiert haben. Sie unterstützen dabei, Daten zu generieren, die unerlässlich für strategische Entscheidungen sind und diese zu visualiseren, sodass möglichst viele Stakeholder damit transparent arbeiten können.  

 

Nachhaltigkeit als integraler Produktbestandteil in der Praxis

Im anschließenden Panel mit Stimmen aus der Praxis haben wir uns mit dieser Frage weiter beschäftigt. Aus Sicht von Laura Schmidt (Nachhaltigkeit im Lebensraum Allgäu) ist der erste Schritt, Verantwortung für den Raum zu übernehmen. Das öffnet schlussendlich neue Perspektiven und bringt Stakeholder an den Tisch, die sonst womöglich nicht zusammenarbeiten würden. Beispiele für solche unkonventionellen nachhaltigen Produkte sind die Clean Up Days Allgäu oder das Projekt “Alter Hof sucht neue Liebe”, das lokale Baukultur, Hofnachfolge, Tourismus und Einheimische zusammenbringt.

Ingo Lies, Gründer von Chamäleon und Pionier der Nachhaltigkeit in der Touristik zeigt auf, dass die Details der Customer Journey viel Aufmerksamkeit verdienen.

Nachhaltigkeit bei Chamäleon war zum Start vor allem sozial geprägt. Ein fester Produktbestandteil, der die soziale Nachhaltigkeit umsetzt also ist beispielsweise, dass Reisegruppen klein sind und ein Abendessen bei einer Familie des Ziellandes stattfindet. Das sorgt für Verständigung, generiert aber auch ein wichtiges Einkommen vor Ort.

Ein Beispiel aus dem ökologischen Bereich: Jede*r Reisende erhält von Chamäleon eine hochwertige Trinkflasche, damit im Zielland keine Einwegplastikflaschen gekauft werden. In Deutschland vielleicht schon selbstverständlich, in den Zielländern des Reiseveranstalters aber ein großes Thema.

Victoria Knauer-Hansen von GreenSign betonte, dass ein erfolgreicher Nachhaltigkeitsprozess immer auch die Mitarbeitenden an Bord holt. Nur so kann aus der anfänglichen Scheu auch Begeisterung entstehen und das Produkt langfristig zum Leben erweckt werden. Viele Teammitglieder starten daraufhin selbst in die Produktentwicklung.

Ein weiterer Erfolgsfaktor auf dem Weg zum Nachhaltigen Produkt: Das Denken und Arbeiten in Communities. Viele Hoteliers sind nicht mehr als Einzelkämpfer*innen unterwegs sondern vernetzen sich und beziehen auch Lieferant*innen in den Prozess mit ein. Denn auch das ist eine Facette der Nachhaltigkeit: anstatt langjährige Partnerschaften einfach zu beenden, gehen erfolgreiche Unternehmen auf die Suche nach neuen gemeinsamen Projekten. 

Worin sich alle einig waren: die regulatorische Seite gibt den lang ersehnten Impuls in die Breite der Branche. Das zeigt sich z.B. an einem verstärkten Interesse an Nachhaltigen MICE-Lösungen aber auch breiten Bündnissen, die den großen CO2-Baustein Mobilität anders gestalten wollen.

 

Ausblick

Das war Teil 2 der Nachlese zum Praxistag „Zukunftsfähiger Tourismus: Konkrete Schritte für nachhaltige Lösungen“ am 27. Juni 2024. Einen Überblick, was an diesem Tag alles geboten war, findest du nochmals auf unserer Fokusseite.

Einen Rückblick auf Themenstrang 1 „Sustainable Leadership – Nachhaltigkeit ist Chefsache“ findest du hier.

In Teil 3 schauen wir auf den Themenstrang Kommunikation und damit auf die Fragestellung, was Zielgruppen eigentlich genau erwarten und wie künstliche Intelligenz uns unterstützen kann.

 

Ins Tun kommen

Du willst nicht nur reden sondern machen. Wir auch. Deswegen haben wir sowohl für die Nachhaltigkeit als auch im Bereich Produktentwicklung praxistaugliche Einstiegsformate. Schau dafür einfach mal in unserem Bereich „Seminare und Workshops“ vorbei.

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Change Management Destinationen Hotel Nachhaltigkeit im Tourismus

Nachlese Praxistag Zukunftsfähiger Tourismus – Teil 1 „Nachhaltigkeit ist Chefsache“

Praxisnahe Sessions mit Impulsen in den Schlüsselbereichen Führung, Produkt und Kommunikation auf der digitalen Bühne – das war der Praxistag „Zukunftsfähiger Tourismus: Konkrete Schritte für nachhaltige Lösungen“ am 27. Juni 2024. 

In diesem und den folgenden 2 Beiträgen wollen wir mit dir eine Rückschau auf den Tag wagen und dich in die Ansätze und Erkenntnisse mitnehmen. 

In diesem Beitrag starten mit Themenblock 1 – Sustainable Leadership – Nachhaltigkeit ist Chefsache!

„Nachhaltigkeit ist Chefsache“

Mit dem Startimpuls machte Netzwerkpartner Björn Eichner direkt deutlich: Die Aufgabe von Führung ist, Probleme in der Umwelt des Unternehmens zu lösen. Also die Dinge anzupacken, die das Unternehmen gefährden, wenn sie nicht angegangen werden. Denken wir nur an Umweltfaktoren wie ausbleibenden Schnee im Winter, steigende Energiekosten oder Personalmangel – alles Themen der Nachhaltigkeit! 

Nachhaltigkeit ist also Chefsache! Diesen Impuls untermauerte Björn mit 3 zentralen Thesen:

  • These 1: Nur wenn die Geschäftsleitung Nachhaltigkeit aktiv in die Unternehmensstrategie integriert und vorlebt, dann können nachhaltige Praktiken in allen Bereichen der Organisation auch konsequent umgesetzt werden.
  • These 2: Nur wenn die Geschäftsleitung die notwendigen Ressourcen und Unterstützung für Nachhaltigkeitsinitiativen der Organisation bereitstellt, dann können diese Initiativen erfolgreich und effektiv umgesetzt werden.
  • These 3: Je stärker die Geschäftsleitung nachhaltige Werte vorlebt und kommuniziert, desto höher ist die Motivation und das Engagement der Mitarbeiter*innen, nachhaltige Maßnahmen aktiv zu unterstützen und umzusetzen.

Unsere Gäste griffen diese Thesen gekonnt auf und zeigten, dass Führung, Nachhaltigkeit und langfristiger Erfolg untrennbar verbunden sind.

„Ohne konsequent nachhaltiges Handeln wären wir heute nicht da, wo wir sind“

“Die Entscheidungen, die wir vor Jahren getroffen haben, rechnen sich heute“, zeigte René Föger, Wirt & Gastgeber (Hotel Stern) im Gespräch mit Martin Birchmeier auf. Ein wesentlicher Effekt nach innen: Nachhaltige Führung sorgt für Resilienz – gerade auch im Team. Viele Mitarbeitende sind seit vielen Jahren im Unternehmen, treiben das Thema eigenständig mit voran und belohnen damit das strategische Handeln.

Der Stern macht die eigenen Aktivitäten für Gäste und die Branche übrigens vorbildlich auf dieser Fokusseite transparent: https://verantwortung.hotelstern.at/ 

Werte vorleben, Impulse geben, loslassen und vertrauen

Nadine Anné, Tara Hartmann und Stefan Fredlmeier (Füssen Tourismus und Marketing) rundeten die Diskussion um die Bedeutung von Führung im Gespräch mit Andrea Schneider ab. Füssen ist ein Sehnsuchtsziel, insbesondere für internationale Gäste, die Schloss Neuschwanstein besuchen möchten. Keine einfache Aufgabe, ein so hochattraktives Reiseziel nachhaltig auszurichten und der Versuchung des “höher schneller weiter” zu widerstehen. 

Vom Tourismusmarketing hin zur Gemeinwohlorientierung und Lebensraum-Denke: Das Team von Füssen Tourismus und Marketing

Die zentrale Führungsaufgabe sieht Stefan Fredlmeier darin, immer stärker in die Rolle als maßgeblicher Gestalter des Lebensraums zu wachsen. Damit der Wandel vom Tourismusmarketing hin zum ganzheitlichen Lebensraummanagement vor allem in der Organisation gelingt, ist es aus seiner Sicht “Chefsache”, Werte vorzuleben.

Zudem sieht er es als die unternehmerische Verantwortung, den Startschuss zu geben, dann aber auch “loszulassen“, das Thema in der Organisation sickern zu lassen und dem Team zu vertrauen. 
Was auf lange Sicht entsteht: ein hohes Vertrauen in das Team, dass alle Handlungen auf die Vision als Nachhaltige Region einzahlen. 

Dies konnten Nadine Anné und Tara Hartmann nur bestätigen. Ein wichtiger Meilenstein im Prozess: Das unvoreingenommene Sammeln von Ideen, die bei der gewünschten Ausrichtung helfen werden. 

Aus dieser tiefen Auseinandersetzung mit dem Thema Nachhaltigkeit intern entstanden dann nach und nach viele konkrete Maßnahmen.

Neben internen Ansätzen wie mehr Zeit für ehrenamtliches Engagement, ressourcenschonendes Handeln im Büro entstanden so auch Anpassungen im Angebot im Bereich Gesundheit, der für die Region zentrale Erlebnisse darstellt. “Wir haben uns irgendwann gefragt – Ist es noch verantwortbar, ein Kneipp-Becken mit Trinkwasser zu füllen?”, untermauerte das Team schlussendlich die oben genannte These 3. 

Ausblick

Das war Teil 1 der Nachlese zum Praxistag „Zukunftsfähiger Tourismus: Konkrete Schritte für nachhaltige Lösungen“ am 27. Juni 2024. Einen Überblick, was an diesem Tag alles geboten war, findest du nochmals auf unserer Fokusseite

In Teil 2 schauen wir auf den Themenstrang Produktentwicklung und damit auf die Fragestellung, ob Nachhaltigkeit (noch) ein Unterscheidungsmerkmal oder schon Pflicht ist.