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Alexa, Google Destination und Co.: Content-Management in Destinationen

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Florian Bauhuber04. Mai 2017

Ein Wandel steht uns bevor, der tiefgreifender ist, als alle Entwicklungen, die die Welt in den letzten Jahrzehnten gesehen haben. Die Digitalisierung zeigt gerade ihr eigentliches Potential. Wir stehen exakt jetzt im Jahr 2017 durch die Künstliche Intelligenz (KI) an einer Zeitenwende.  Wir reagieren nach hinten gewandt und versuchen unseren Ist-Stand zu bewahren. Richard David Precht bringt es in einem Interview auf den Punkt:

Wir versuchen im Moment, den Arbeitsmarkt von gestern mit einem Mindestlohn zu stabilisieren. Gutverdienende Piloten streiken, um ihre Privilegien zu sichern, bevor in zehn Jahren kein einziger Pilot mehr ein Flugzeug fliegt. Was wir im Augenblick machen: wir dekorieren auf der Titanic die Liegestühle um.

Wir dekorieren auf der Titanic die Liegestühle um – auch im Tourismus?

Die Digitalisierung verändert den Tourismus nachhaltig (vgl. hierzu unsere Infografik zur Digitalisierung im Tourismus). Auf KI basierende digitale Assistenten halten Einzug – auf unterschiedlichen Ebenen – entweder in Form von Chatbots in sozialen Medien (z.B. Facebook, WeChat) oder physisch materiell in den Wohnungen  durch Google Home oder Amazon Echo /Alexa. Globale Player stellen umfangreiche Tools zur Verfügung, um den Gast direkt zu servicieren (z.B. Facebook City Guides, Google Trips). Zudem nutzen sie ihre Macht aus und schaffen Walled Gardens (Google AMP, Facebook Instant Articles). So zerstören sie nachhaltig Webarchitekturen – nein, das komplette Web, wie wir es kennen.

Walled Gardens und Künstliche Intelligenz - die letzten zwei Entwicklungsstufen
Walled Gardens und Künstliche Intelligenz – die letzten zwei Entwicklungsstufen

Und wir? Wir benutzen das Internet nach wie vor wie ein Abbild klassischer Kommunikationskanäle! Wir relaunchen regelmäßig unsere Websites; wir bauen schöne Apps, die einmal heruntergeladen, um nicht mehr genutzt zu werden; und wir versuchen inmitten des Content Schocks mit unseren überschaubaren Mitteln unsere schönen Inhalte an den Mann zu bringen… wir dekorieren, aber wir beschäftigen uns nicht mit den echten Herausforderungen der neuen digitalen Welt.

Wir bearbeiten den Eisberg von der falschen Seite…

Um in der Analogie des Beispiels zu bleiben, beschäftigen wir uns mit der Spitze des Eisbergs. Wir arbeiten am Look & Feel unserer eigenen Präsenzen. Wir achten darauf, dass unsere Partner/Stakeholder glücklich sind. Wir achten darauf, dass die visuellen Präsenzen state of the art sind, das sie performen und für den Kunden einfach zugänglich sind. Wir denken in Ausgabekanälen.

Aber der Eisberg hat noch eine unsichtbare Seite unter Wasser, dem wir in den letzten Jahren zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt haben. Und diese unsichtbare Seite bekommt durch die neuen Entwicklungen des Internets mehr Gewicht – unsere Daten – unser Content!

Die Content-Realität in Destinationen!

Aus unserer Erfahrung haben wir in den allermeisten Kundenprojekten mit folgenden Herausforderungen zu kämpfen.

  1. Unübersichtliche Content-Substanz
  2. Medien- & sprachbezogene Contentstruktur
  3. Dezentrale Contenttöpfe, -verwaltung & -technik, in Folge unterschiedliche Contentstrukturen in den Abteilungen bzw. auf den unterschiedlichen Hierarchieebenen
  4. Dopplung von Aufgaben und Zuständigkeiten – zumeist keine expliziten Content-Verantwortlichkeiten
  5. Unterschiedliche Prioritäten der Contentauswahl – keine Contentstrategie
  6. Keine konsistenten Contentregeln und -rechte
  7. Keine für KI vorbereiteten Content-Strukturen

Die Konsequenzen sind zum Teil dramatisch. Strategische Content-Entscheidungen werden z.B. vom Wanderverantwortlichen getroffen, da man mit Tool XY so schön die Wandertouren visualisieren kann. Contentrechte, z.B. an Bildern, werden mit Füßen getreten, da kein funktionierendes Rechtemanagement existiert. Abmahnungen und dementsprechende Kosten sind die Konsequenz. Inhalte werden von unterschiedlichen Abteilungen oder Märkten oft doppelt und dreifach abgefragt, produziert und distribuiert. Und was aus unserer Sicht noch viel schlimmer ist: Für den Endkunden relevante Inhalte werden schlecht gepflegt, da vermeintlich keine Zeit hierfür vorhanden ist.  Der Content hat keine Lobby, es ist ein lästiges Thema. Dies muss ein Ende haben, spätestens jetzt.

Wir stehen an einer Zeitenwende!

Touristische Organisationen müssen sich die Frage stellen, welche Aufgaben sie in Zukunft haben (wollen). Im Think Tank #change4destination haben wir konkrekte Aufgaben erarbeitet, die von Marktseite für sinnvoll erachtet werden. Darunter eine These, die sich explizit auf den Content bezieht: Datenqualität ist Kernaufgabe

In dieser These heißt es wie folgt:

Trotz der zahlreichen neuen Aufgaben und Herausforderungen im digitalen Kontext gibt es eine Kernaufgabe für regional wirkende Akteure im Tourismus: Der Aufbau einer offenen digitalen Dateninfrastruktur und die Sicherstellung einer durchgängigen Datenqualität und -sicherheit im jeweiligen Gebiet.

Diese Dateninfrastruktur bedarf einer Contentstrategie: Was will ich mit meinen Inhalten? Was ist meine Aufgabe? Wie kann ich mich zukunftsfähig aufstellen? Wie kann ich meinen Kunden & Partnern einen echten Mehrwert bringen? Diese Fragen müssen jetzt beantwortet werden.

Jetzt ist Führungskompetenz gefragt!

Leader in Destiantionen müssen Haltung einnehmen!
Leader in Destiantionen müssen Haltung beziehen!

Vor allem in diesen turbulenten Zeiten ist es wichtig, eine Haltung in Bezug auf Content-Fragestellungen zu haben. Warum? Weil globale Akteure gerade dabei sind, die Rechte an unseren Daten und Inhalten durch die Hintertür auszuhebeln.

Ein Beispiel: Google benutzt die Inhalte unsere Websites  für Dienste und hat hierfür gemeinsam mit anderen Suchmaschinen-Herstellern einen gemeinsamen Standard entwickelt: schema.org! Wir als touristische Akteure stellen nun unsere Inhalte strukturiert den Suchmaschinen zur Verfügung (übrigens auch für Alexa und Co.), weil unsere Inhalte in den Diensten erscheinen sollen, wenn jemand nach „Sehenswürdigkeit XY“ oder „Wandern in XY“ sucht. In Konsequenz verschenken wir unsere Inhalte an globale Akteure und stärken so die Marktmacht dieser Player.

Wollen wir das? Ist das unser Auftrag? Ich glaube, wir kennen die Antwort.  Und ich könnte zig Beispiele zeigen, wo wir operativ getrieben globalen Akteuren hinterher rennen – gerade auf den Eisberg zu. Ohne tatsächlich an der Richtung des Schiffes zu arbeiten…ohne zu hinterfragen, wie wir die Marktmacht mit unseren Daten aufbrechen können… ohne an den tatsächlichen Herausforderungen zu arbeiten.

Neue Lösungsstrategien sind gefragt; erste Beispiele im Markt

Es gibt natürlich auch schon Beispiele im Markt, die sich mit der Thematik beschäftigen. So hat z.B. das Salzburger Land eine zentrale semantisch-strukturierte Datenbank geschaffen, die auch den Partnern zur Verfügung gestellt wird. Ein weiteres Beispiel ist die Region Villach, die in ihrer Digitalstrategie eine offene Content-Drehscheibe zum Rechtemanagement integriert hat, mit dem Ziel, die Hoheit & Kontrolle über die eigenen Daten zurückzugewinnen und systemunabhängig flexibel & dynamisch agieren zu können. Noch ein weiteres Beispiel aus Österreich: Die Österreich Werbung hat sich ausführlich mit ihrer Content-Strategie beschäftigt und eine kanalübergreifende & zielgruppenorientierte Content-Architektur entwickelt und eine zentrale Content-Abteilung geschaffen, die den Content zentral produziert und steuert.

Kennt Ihr noch weitere Beispiele? Nur her damit… ein Austausch in der Branche tut Not.

 

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Florian Bauhuber Geschäftsführer | Change Maker | Mentor

Florian Bauhuber ist Geschäftsführer des Experten-Netzwerks Realizing Progress. Bereits seit dem Jahr 2006 berät und begleitet er gemeinsam mit seinen Kolleg*innen unzählige Akteur*innen, die sich mit der Zukunft von Tourismus, Standorten und Lebensräumen beschäftigen. In seinem Fokus stehen dabei unterschiedliche Beratungsschwerpunkte: #ServiceDesign #Change #Nachhaltigkeit #DigitalStrategie #OpenData #Innovation

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