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Wie die Corona-Krise dem Tourismussektor den Spiegel vorhält

#Change4Destination, Corona, Coronakrise, Covid19, DMO

Kristine Honig07. Jul 2020

Wir haben in den letzten Wochen aufgrund der aktuellen Corona-Krise mehrere Zukunftstage zu unterschiedlichen Schwerpunktthemen durchgeführt. Unsere Zukunftstage für Destinationen beschäftigten sich dabei mit den Phasen „Orientierung in der Krise“, „Vorbereitung auf den Neustart“ und „The new normal“. Unterschiedliche Blickwinkel – und dennoch kamen wir im Gespräch immer wieder auf die gleichen Punkte.

Es braucht gutes Stakeholder Management.

Stakeholder Management bedeutet, Vertrauen zu den verschiedenen touristischen und nicht-touristischen Partnern aufzubauen. Stakeholder Management bedeutet Zuhören, Austauschen und Informieren. DMOs haben hier in den vergangenen Monaten die jeweils aktuellen Informationen rund um die Corona-Krise aufbereitet. DMOs haben digitale Stammtische initiiert, um die Belange ihrer Akteure zu verstehen und miteinander ins Gespräch zu kommen. Sie haben Webinare aufgesetzt, um wertvolles Wissen zu teilen. Dies und vieles mehr ist in den letzten Wochen und Monaten passiert.

Beispiel für digitale Veranstaltung & Kommunikation mit Stakeholdern: Digitales Branchentreffen Karlsruhe Tourismus

Bei wem dies besonders gut funktionierte? Bei allen DMOs, die bereits vor der Krise ein aktives Stakeholder Management betrieben haben. Destinationen, in welchen die touristischen und nicht-touristischen Akteure die DMO als Partner angesehen haben und darauf vertrauten, dass diese sie unterstützt und informiert. Plattformen und Kanäle wie B2B-Plattformen und Social-Media-Kanäle für die B2B-Kommunikation sowie selektierbare E-Mail-Adressverteiler waren bereits vorhanden und ermöglichten es, in Zeiten der Krise die Akteure tatsächlich zu erreichen.

Es braucht Kundenbindung.

Gleichermaßen wichtig wie die guten Beziehungen zu Partnern vor Ort sind die guten Beziehungen zu den eigenen Gästen.

Im Rahmen von Corona mussten Buchungen storniert oder umgebucht werden. Kunden wollten informiert werden. Es galt, die eigene Region und die Angebote vor Ort dennoch für die Kunden erlebbar zu halten, den Kontakt zu den Gästen zu halten. Digital. Es galt, sich zu fragen, was man den Kunden gegebenenfalls alternativ anbieten und verkaufen kann. Gutscheine wurden angeboten, um Kundenbindung zu fördern und für aktuelle Liquidität der Unternehmer zu sorgen. Letztlich ging es auch hierbei um Stakeholder Management: Die Partner bei der Kommunikation mit den Gästen unterstützen.

Bei wem dies besonders gut funktionierte? Bei allen Regionen, die bereits vor der Krise gute Kundenbeziehungen aufgebaut hatten. Für Regionen bedeutet dies: Über eine starke und klar ausgerichtete Marke zu verfügen, die sich wiederum in den Angeboten der Gastgerber*innen widerspiegelt. Denn Kunden unterstützten in der Zeit der Corona-Krise vor allem die Unternehmen, die sie mochten, mit denen sie sich emotional verbunden fühlten. Da wurde gerne ein „Solidaritätswein“ geordert oder ein Gutschein für die Unternehmen vor Ort gekauft, den man nicht einzulösen gedenkt.

Bloggen ist Liebe
Gute Kundenbeziehungen bleiben immer das Fundament für langfristigen Erfolg – auch in Krisenzeiten. Foto: Greg Snell

Es braucht gutes Daten-Management.

Covid-19 brachte den Tourismus quasi international zum Erliegen. Es folgten stückweise Lockerungen und Öffnungen sowie gefühlt ständig neue Regelungen. Herausforderung: Auf allen Kanälen die jeweils aktuellen Informationen parat zu haben. Kaum möglich, dies manuell anzupassen und alle Änderungen überall nachzuhalten. Datenbanken, welche die darin gepflegten Informationen automatisiert auf die verschiedenen Kanäle und Plattformen ausspielten, halfen in der Krise.

Bei wem dies besonders gut funktionierte? Bei allen DMOs, die bereits vor der Krise über ein entsprechendes Datenmanagement verfügten. Und dabei geht es nicht nur um die bestehende Technik, sondern ebenso um klare Verantwortlichkeiten in der Pflege sowie ein bestehendes Informationssystem, über welches die Datenpfleger*innen erreicht werden können.

Ohne Daten kein vernünftiges Management von Informationen. Foto: Greg Snell

Es braucht Schnelligkeit und ein gutes Team.

Krisen warten nicht, bis alle sich sortiert haben. Sie kündigen sich nicht monatelang vorher an und lassen uns Zeit, ganz gemütlich und entspannt einen umfangreichen, mehrfach durchdachten Plan auszuarbeiten. Krisen brauchen schnelle Reaktionen. Und nicht nur Reaktionen. Sondern vor allem Aktionen. Kein passives Abwarten, was noch kommt. Sich stattdessen auf verschiedene Szenarien vorbereiten und machen.

Vielleicht ist das heute geplante Webinar übermorgen aufgrund neuer Entwicklungen bereits obsolet. So ist das nun mal. Doch: Flexibilität ist wichtiger als Perfektionismus. Done is better than perfect. Dabei können Fehler passieren. Natürlich. Doch aus diesen gilt es zu lernen.

Bei wem dies besonders gut funktionierte? Bei allen DMOs, die bereits vor der Krise über ein funktionierendes Team verfügten. Ein Team, dass sich offen neuen Herausforderungen stellt. Dass sich als Teil des Unternehmens bzw. der Organisation sieht und die Notwendigkeit für die Übernahme neuer Aufgaben oder anderer Arbeitszeiten versteht. Ein solches Team ist es gewohnt, eigene Ideen einbringen zu können. Ein solches Team ist es gewohnt, auch Fehler machen zu dürfen. Ein solches Team verfügt über eine Führungsebene, die inspiriert und unterstützt und Vertrauen hat.

Nicht hinterherlaufen, sondern vorneweg. Foto: Greg Snell

Es braucht user-zentriertes Denken.

In mehreren Gastgeber-Webinaren, die ich während der Corona-Krise gemeinsam mit Andrea durchführte, gab es ein wiederkehrendes Aha-Erlebnis bei den Teilnehmenden: „Oh, ich habe ja ein Schaufenster, welches ich zur Kommunikation mit meinen Kunden nutzen kann.“ Das Naheliegendste wurde schlicht und einfach komplett vergessen.

Nicht umsonst stellen wir in unseren Seminaren und Workshops (sowie den aktuellen Webinaren) immer wieder den Gast in den Mittelpunkt: Wie geht es ihm? Was braucht er? Was will er überhaupt nicht? Wo hakt es für ihn? Wo befindet er sich gerade? Relevant, um während der Krise zu entscheiden, welche Kommunikation auf welchen Kanälen läuft. Relevant, um für die Zeit des Neustarts unter Abstands- und Hygiene-Regelungen zu entscheiden, wo und wie das eigene Produkt angepasst werden muss.

Doch user-zentriertes Denken ist nicht nur für die Leistungsträger relevant. Auch DMOs sollten sich bewusst sein, wo ihre Kunden – sowohl ihre Gäste als auch ihre touristischen Akteure vor Ort – aktuell stehen und was diese benötigen.

Bei wem dies besonders gut funktionierte? Bei allen DMOs, die bereits vor der Krise eine klare ausgerichtete Strategie in Bezug auf ihre Zielgruppen (B2C wie B2B) besaßen und diese auch als Grundlage für alle Entscheidungen nutzten. Womit sich der Kreis zu den Themen Stakeholder Management und Kundenbindung schließt.

Wenn man will, dass der Gast einen kennt, muss man zuerst den Gast kennen. Foto: Greg Snell

Allerdings: All diese Punkte haben nichts mit Corona zu tun!

Warum all diese Punkte – wie in der Überschrift formuliert – dem Tourismussektor den Spiegel vorhalten? Weil all dies nicht neu ist! Darüber, dass sich die DMO von der Destination Marketing Organization hin zur Destination Management Organization entwickeln müssen, wird bereits seit Jahren gesprochen. Gerade in der Corona-Krise lag der Aufgaben-Schwerpunkt deutlich auf dem Managen, statt auf dem Marketing der Region. In unserem Thesenpapier „Change4Destination – Die Zukunft der DMO“ von 2016 (!), welche dieses Thema in den Mittelpunkt stellt, haben wir quasi all die oben genannten Punkte benannt:

  • Gestalter statt Getriebener sein
  • Schnell frisst langsam
  • Datenqualität ist Kernaufgabe. Öffnet die Datensilos.
  • Herausragende Leader inspirieren Akteure
  • Enabler statt Fulfiller sein

Corona hat somit jeder einzelnen DMO vor Augen geführt, wie gut sie ihre Rolle als Destination Management Organization ausfüllt. Und an welche Stellschrauben sie noch ran muss.

Was ist zu tun?

Ich empfehle, das Thesenpapier „Change4Destination – Die Zukunft der DMO“ noch einmal für die eigene Organisation durchzulaufen. Bei welchen Punkten seid ihr schon richtig gut oder auf einem guten Weg? Bei welchen Punkten ist noch Luft nach oben? Was müsstet ihr tun, damit die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit verringert wird?

Nutzt hier gerne auch unsere Corona-Roadmap. Die meisten von euch werden sich aktuell in den Phasen 3 – Offenheit & Ausprobieren, 4 – Erkenntnis und 5 – Integration sowie den iterativen Schleifen zwischen diesen Phasen befinden. Wir haben einige mögliche Maßnahmen für die jeweiligen Phasen bereits auf der Site benannt. Auch die dwif-Corona-MindMap 2.0 der dwif Consulting GmbH bietet mit ihrem gut strukturierten Handlungsbedarf für DMOs in der Recoveryphase eine perfekte Orientierung.

Jetzt ist die perfekte Zeit, Neues auszuprobieren, während der Corona-Krise ausprobiertes Neues zu verstetigen bzw. die eigene Strategie und Ausrichtung zu überarbeiten. Nutzt diese Zeit, um so letztendlich tatsächlich gestärkt aus dieser Krise herauskommen zu können.

 

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Kristine Honig Strategin | Umsetzerin | Barcamperin

Kristine ist seit 2014 Netzwerkpartnerin und Beraterin bei Realizing Progress. Sie denkt strategisch – und spricht gleichzeitig die Sprache deiner Akteur*innen. Deshalb ist sie die perfekte Sparringspartnerin, um gemeinsam mit dir deine Strategie zu erarbeiten und diese danach ins Operative zu übersetzen. Ihre Themen sind Zielgruppen, Stakeholder und Produktentwicklung sowie Barcamps und Kreativitätstechniken.

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