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Interview Tobias Woitendorf: „Die Thesen motivieren zum weiteren Handeln.“

#Change4Destination, change management, Destinationsmanagement, Destinationsmarketing, Thesen, Tourismuszukunft, Zukunftstrends

Catharina Fischer08. Nov 2016

Beim 1. fvw Roundtable in Rostock konnte ich die 13 Thesen zur Zukunft des öffentlich finanzierten Tourismusmarketings zum ersten Mal einer breiten Öffentlichkeit vorstellen. Es entstand eine rege und offene Diskussion und damit der von uns gewünschte Austausch über zukünftige Aufgaben der Standortvermarktung und damit einhergehende Veränderungen.

Diese Diskussion möchten wir weiterführen und werden daher im Verlauf der nächsten Wochen verschiedene Akteure zu den 13 Thesen befragen und deren Antworten hier auf unserem Blog veröffentlichen.

Den Anfang macht Tobias Woitendorf, stellvertretender Geschäftsführer und Leiter Marketing & Kommunikation des Tourismusverbandes Mecklenburg-Vorpommern. Er war Initiator des 1. fvw Roundtables und stand im Nachgang zur Veranstaltung für ein Interview bereit. 

fvw Roundtable in Rostock in Zusammenarbeit mit dem Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern.
fvw Roundtable in Rostock in Zusammenarbeit mit dem Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern.

Tourismuszukunft: Was war Ihr erster Gedanke nach Durchsicht der 13 Thesen? 

Tobias Woitendorf: Dass die Thesen noch einmal pointieren, was Destinationsmanagern seit Längerem durch den Kopf geht: Ein Weiter-so im Sinne des Verwaltens von Strukturen kann es nicht oder zumindest nicht mehr lange geben. Dass sie zum Denken und Handeln motivieren. Dass es einen Königsweg nicht gibt, dass aber der Veränderungsdruck fast überall zunimmt und nach Antritt und Lösungen verlangt. Und dass die 13 Thesen natürlich zum Teil auch dem Zeitgeist entspringen und daher nicht als absolut, allumfassend und abgeschlossen gelten können. Dennoch bringen sie frischen Wind in eine Diskussion, die intensiv zu führen sich mehr denn je lohnt. Das haben wir übrigens auch an der Anteilnahme zum 1. fvw Roundtable in Rostock gemerkt, bei dem die Thesen erstmals vor Publikum vorgestellt wurden.

Tourismuszukunft: Welche angesprochenen Punkte innerhalb der Thesen sind für Sie im Hinblick auf eine zukunftweisende Entwicklung die relevantesten?

Tobias Woitendorf: Ich nehme mal eine heraus: Das Ende der Website ist eine provokante und überspitzte These. Ich habe jedoch selbst seit Längerem ausgedrückt, dass man sich in der Frage des Kanals oder Ortes von Informationen nicht ideologisieren lassen sollte. Dort, wo sich die eigenen Markenwerte nahtlos am besten entfalten und vermitteln lassen, sollte man sich bewegen. Das wird unter uns Datengetriebenen wohl nicht wieder die Schiefertafel sein, aber in alle Zukunft hinein bestimmt auch nicht die eigene Website.

Tourismuszukunft: Was ist nach Ihrer Meinung entscheidend, damit ein zukunftsgerichteter Wandel überhaupt stattfinden kann?

Tobias Woitendorf: Erstens der Wille und das Mandat, einen Prozess der Veränderung mit möglicherweise im Verlauf anzupassenden Zielstellungen zu starten und zu kuratieren. Zweitens der Mut, aus dem hierarchischen und bürokratischen Denken herauszukommen, offen für neue Wege zu sein und gegebenenfalls auch mal abbiegen oder umkehren zu dürfen, ohne über Gebühr geprügelt zu werden. Drittens die Erkenntnis, dass Veränderung und kreative Zerstörung geschaffene Werte nicht auflösen, sondern deren Sicherung und dem Finden neuer Maßstäbe und Chancen dienen – und davon abgeleitet letztlich auch der Legitimation von DMOs. Wer an seinem Existenzrecht nicht aktiv arbeitet, kann und sollte seiner zukünftigen Existenz nicht sicher sein.

Tourismuszukunft: Welche Ableitungen aus den 13 Thesen ergeben sich für Ihre Organisation?

Tobias Woitendorf: Sie passen zu unseren Zielen. Wir befinden uns seit längerem in einem Prozess der inhaltlichen Fokussierung, der inneren Ordnung, der finanziellen Sicherung sowie der Arbeitsteilung mit unseren Partnern vor allem auf der regionalen Ebene. Dieser Prozess läuft nicht im Eiltempo. Manchen Hoch- und Übermotivierten stellen sich Ergebnisse nicht schnell genug ein, andere sind sich nicht sicher, ob es Fortschritt geben muss oder geben kann, wieder anderen verschafft die Offenheit des Ansatzes mehr Unbehagen als Freude.

Und natürlich gibt es auch noch diejenigen, die grundsätzlich an der Zukunft von DMOs zweifeln. Demgemäß steht ein Verband wie unserer auch in der Frage der zukünftigen Aufstellung vor der steten Herausforderung, unterschiedlichste Interessen und Perspektiven in Einklang zu bringen – hoffentlich auch in der aktuellen Situation mit Erfolg.

Tourismuszukunft: Wie sieht nach Ihrer Meinung die Standortvermarktung 2020 aus?

Tobias Woitendorf: 2020 ist ja schon morgen. Ich gehe nicht davon aus, dass dann allerorten Prozesse so weit umgestellt sind und sein müssen, dass sich die DMOs von 2016 nicht mehr wiedererkennen ließen. Folgende Aufgaben bleiben im Kern: 1. Marke schützen, entwickeln und kommunizieren, 2. Datenhoheit sichern, 3. Ordnung und Struktur im eigenen System optimieren, 4. politischen Rahmen beeinflussen.

2020 werden wir aber sehen, dass das Rennen der Innovatoren um die vorderen Plätze im digitalen Cockpit voll entbrannt ist. Ich glaube wiederum nicht, dass diejenigen, die dann nicht vorn sind, gänzlich verloren sein müssen. Wenn sie einigermaßen clever sind, können sie von den Erfahrungen und Erfolgen der explorativen Vorkämpfer profitieren. Und auch aus deren Misserfolgen, denn man kann ja auch aus den Fehlern anderer lernen. Hektik und Aktionismus sind also unangebracht. Wer nicht abhebt, sondern einen Fuß vor den nächsten setzt, läuft weniger Gefahr, sich zu weit von seiner Basis zu entfernen. Denn diese muss integrativ mitgenommen und mitqualifiziert werden.

Auf allen Ebenen bedarf es technischer Kompetenzen ebenso wie eines gemeinsamen Verständnisses vom Sinn des Wandels. Wer Daten sammelt und gewinn- und reichweitebringend weitergeben will, muss ihre Qualität sichern. Zu lange sollte man allerdings mit dem Aufbruch auch nicht warten. Sonst spülen einen die Veränderungen in der Außenwelt womöglich in das Meer der nutzlosen Dinge.

Zur Person: 

Seit 2007 arbeitet Tobias Woitendorf für denTourismusverband Mecklenburg-Vorpommern in Rostock. Er leitet die Marketing- und Kommunikationsabteilung und ist seit 2008 auch stellvertretender Geschäftsführer. Er studierte an der Humboldt-Universität in Berlin. 

Tobias Woitendorf, Stellv. Geschäftsführer /Leiter Marketing & Kommunikation, Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern
Tobias Woitendorf, Stellv. Geschäftsführer /Leiter Marketing & Kommunikation, Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern, Foto TMV/Duerst
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