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Internet Manifest – (k)ein würdiger Nachfolger für das Cluetrain Manifest ?

Ein Team aus 15 Autoren (NEIN – nicht das Ideacamp) – allesamt recht bekannte Namen aus der Web2.0 Szene – hat 17 – meines Erachtens mäßige – Thesen zur Zukunft des Journalismus publiziert und hier zur Wiki-Kollaborations-Weiterbearbeitung bereitgestellt… Im folgenden die (abgekürzten) Thesen und ein paar (ironische) Gedanken dazu…

1. Das Internet ist anders – seine veränderte technologische Realität zwingt den Journalismus dazu, seine Arbeitsweise anzupassen. Zunächst: Ja, stimmt. Aber hier mit Wörtern wie Kulturpraktiken und co. um sich zu werfen, ohne genauer darauf einzugehen, finde ich ziemlich hoch gegriffen. Ohne Präzisierung bleibt das heiße Luft.

2. Das Internet ist ein Medienimperium in der Jackentasche – Veröffentlichung ist nicht mehr an hohe Investitionen gebunden; jeder kann es tun. Journalismus hebt sich nur durch seine Qualität von bloßer Veröffentlichung ab. Ja. Wenn man Journalismus als Qualität definiert (trifft man doch eigentlich eher selten an). Und wer garantiert mir, besonders im Tourismus, dass ein Journalist besseres Wissen hat als ein jahrelang intensiv mit der Region vertrauter „local“ oder Stammgast?

3. Wenn Medienhäuser weiter existieren wollen, müssen sie die Lebenswelt der Nutzer verstehen und sich ihrer Kommunikationsformen annehmen. Super. Volle Zustimmung.

4. Die offene Architektur des Internet bildet das informationstechnische Grundgesetz einer digital kommunizierenden Gesellschaft – jedwede Einschränkung führt zu Schaden am System. Es bleibt abzuwarten, welche Rolle Filter – selbst gewollte, oder öffentlich institutionell auferlegte in der Zukunft einnehmen werden. Ohne Filter jedoch ist das Internet bald nutzlos, denn irgendwie müssen Nutzer relevante Informationen auffinden können. Filter können Suchmechanismen, personalisierte Interfaces oder auch Sperrfilter sein.

5. Das Internet stellt extrem umfangreiche Informationen bereit, Suchmaschinen machen sie für jeden zugänglich – Menschen sind besser informiert als jemals zuvor. Klares und überdeutliches NEIN. Hier hat jemand die aktuelle Medienkultur und deren Wandel nicht berücksichtigt: Wir bewegen uns zu einer Kultur der Häppchen, der horizontalen Informationsrezeption (viele Infos aber nicht tief); während früher vertikale Informationsrezeption vorherrschte. Viel mitkriegen, aber nichts wirklich wissen – heißt das zukünftig etwa „besser informiert zu sein“?

6. Das Internet verbessert den Journalismus, da es den statischen Charakter von Gedrucktem aufhebt. Viel zu wenig radikal. Das Web2.0 verändert den Journalismus, da es ubiquitär und realtime wird. Anders als eine Zeitung mit einer Reaktionszeit von ca. 12-24 Stunden…

7+8. Das Netz ist Vernetzung und auch Medienhäuser brauchen Links. Vernetzung ist Grundlage des Diskurses. Wieder klares nein. Klar sind Links notwendig. Aber in mittelfristiger Zukunft geht es um die Virtualisierung bestehender und den Aufbau neuer virtueller sozialer Netzwerke. Links sind dann nur noch ein Ergebnis bereits bestehender sozialer Interkation – Interaktion entlang sozialer Netzwerke. Links sind als Grundlage vernetzter Gespräche wichtig – noch. Nämlich nur solange, bis die Technik die Inhalte von alleine vernetzt darstellt (auf Basis der dahinter liegenden inhaltlichen Verknüpfung, Stichwort Semantic Web oder der sozialen Netzwerke dahinter).

9. Das Internet ist der neue Ort für den politischen Diskurs. + 10. Die neue Pressefreiheit heißt Meinungsfreiheit. Sicherlich richtig. Spannende These, die den Zahn der Zeit trifft, siehe Zensursula Diskussion. Aus der Wissenschaft heraus geht es hier um Modelle der Bürgerdemokratie ebenso wie Licence-to-operate Konzepte.

11. Mehr ist mehr – es gibt kein Zuviel an Information. Setzen. 6. Mehr ist mehr – aber nur dann, wenn es entsprechend gut funktionierende Filter zur Auffindung relevanter Inhalte gibt.

12. Traditionen sind kein Geschäftsmodell – der Journalismus braucht Wettbewerb und Innovation für sein künftiges Bestehen. Ja. Aber braucht das nicht jede Branche. Das ist ja mal extrem dünn.Ich würde eher darauf ausgehen, wie sich herausfinden lässt, welche Veränderungen der Journalismus in sein Geschäft integrieren muss und welche nicht. Was ist wichtig, was nicht – und wie lässt sich das herausfinden?

13. Urheberrecht ist Pflicht im Internet. Definitiv. Es braucht neue Formen, wie Inhalte geschützt, referenziert und verteilt werden können – die Keule des aktuellen Urheberrechts zum Schutze bestehender, nicht mehr funktionsfähiger Geschäftsmodelle, so die These 13, muss entschärft werden.

14. Neue Refinanzierungsformen wollen entdeckt werden. Absolut. Siehe auch Nachfolger des Longtail Buches von Chris Anderson – Name des Buches: Free. Hier zeigt der Autor, wie freie Inhalte dennoch zur Refinanzierung beitragen können.

15. Das Internet merkt sich alles und wird damit zur Dokumentation des Journalismus. Fehler werden deutlich und müssen zugegeben werden.Volle Zustimmung. Gilt für den Tourismus eigentlich ganz genauso. Einmal abgegebene Bewertungen bleiben meist stehen – das Hotel muss sich dann eben ehrlich und konstruktiv damit auseinandersetzen.

16. Content mit Qualität gewinnt. Schon gehabt – ist nicht zwingend an Journalismus gekoppelt. Im Gegenteil. Besonders im Tourismus werden Reisejournalisten unter Umständen von besser informierten, thematisch hoch affinen und webbegeisterten Menschen abgelöst werden!?!  Lieber Reisejournalist – bestell dir schonmal einen Sarg, es ist vorbei.

17. Alle für alle. KOmmunizieren und Hinterfragen als neue zentrale Eigenschaften des Journalisten. Nein. Ncht nur. Der Gedanke sozialer Netzwerke im – Achtung da steht es doch eh schon – SOCIAL Web ist den Autoren offenbar entgangen??

FAZIT:

Alles in allem eine gute Idee. Aber im Endeffekt finde ich das Manifest nicht sehr gut / qualitätshaltig. Da gefällt mir (Eogenlob stinkt, ich weiß) unser Ideacamp Thesenpapier viel besser – es ist tiefgehender. Vielleicht wollten die Autoren des Manifests aber auch nur Links abgraben und Aufmerksamkeit erheischen. Und ich bin drauf reingefallen. Mist auch.

Ideacamp Thesen:

Ideacamp 2009 – 9 Thesen zur Zukunft des eTourismus

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Daniel Amersdorffer

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