Die Bedeutung des Tourismus als wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Motor war in den letzten Jahren immer wieder Thema intensiver Diskussionen – nicht zuletzt durch die Auswirkungen der Pandemie. Doch wo stehen wir heute? Im Podcast-Gespräch mit Michael Buller, Vorstand des VIR, werden entscheidende Perspektiven und Herausforderungen beleuchtet. Basis des Austausches ist das vor fünf Jahren gemeinsam erstellte impulse4travel Manifest.
Vom Wachstum zur Wertigkeit: Veränderungsprozesse nach der Pandemie
Die Pandemie hat viele Schwachstellen offengelegt, die bereits vor Corona bestanden, so Buller: „Damals haben wir mit über 300 Touristiker*innen diskutiert, wie wir nach dem Neustart Dinge besser machen können.“ Doch die Frage bleibt: Haben wir uns bewusst oder unbewusst verändert? Buller zieht eine gemischte Bilanz.
Ein zentraler Punkt ist die neu gewonnene Wertigkeit des Reisens. „Menschen haben gelernt, dass Reisen wichtig ist, und das hat dazu geführt, dass wir selbstbewusster geworden sind. Heute trauen wir uns, für unsere Leistungen auch Geld zu verlangen,“ sagt Buller. Dies hat jedoch auch eine gesellschaftliche Kehrseite: „Reisen ist teurer geworden – die Zweitreise verschwindet oft, und die Haupturlaubsreise wird stärker priorisiert.“

Nachhaltigkeit als langfristige Aufgabe
Trotz Fortschritten sieht Buller Herausforderungen beim Thema Nachhaltigkeit. „Leider rücken geopolitische und wirtschaftliche Schwierigkeiten die Nachhaltigkeit oft wieder in den Hintergrund. Dennoch ist es wichtig, in kleinen Schritten sichtbarer zu werden und den Mut zu zeigen, dieses Thema aktiv anzugehen.“
Er betont, dass Nachhaltigkeit mehr sein muss als Kompensation: „Es geht darum, echte Lösungen zu schaffen, Schritt für Schritt.“ Dabei seien die Akteure in der Branche gefordert, gemeinsam Verantwortung zu übernehmen.

Künstliche Intelligenz als Chance und Herausforderung
Ein weiteres zentrales Thema des Gesprächs war die zunehmende Rolle von Künstlicher Intelligenz (KI). „Kein Technologiesprung war so groß und barrierefrei wie dieser,“ so Michael Buller. KI bietet enorme Potenziale – von Prozessoptimierungen bis hin zur Content-Erstellung. Gleichzeitig betont Buller jedoch die Herausforderungen: „Wir sehen neue Wettbewerber und die Gefahr von Fehlinformationen durch KI-erzeugte Inhalte.“
Besonders spannend sei die Integration von KI in den Alltag und die Möglichkeiten, damit Prozesse effizienter zu gestalten, ohne den menschlichen Faktor zu ersetzen. Buller sieht in der Technologie eine große Chance, den Mitarbeitenden in der Branche den Raum für die eigentliche Dienstleistung – den Kontakt mit dem Gast – zu geben.

Die Verantwortung der Branche in gesellschaftlichen Fragen
Ein wichtiger Aspekt des Gesprächs war die Rolle der Branche als gesellschaftlicher Gestalter. Michael Buller unterstreicht: „Tourismus schafft Integration. Menschen können bei uns mit niedrigschwelligen Jobs starten, wachsen und sich entwickeln – sowohl innerhalb der Branche als auch darüber hinaus.“ Diese integrative Kraft sei besonders wertvoll in einer Zeit, in der Fachkräftemangel und gesellschaftliche Spannungen zunehmen.
Er plädiert dafür, den gesellschaftlichen Beitrag des Tourismus sichtbarer zu machen, nicht nur in der Politik, sondern auch bei den Verbraucher*innen: „Wir schaffen Räume, in denen Menschen sich persönlich begegnen können – sei es im Restaurant, im Hotel oder auf Reisen. Das ist gesellschaftlicher Kit.“

Fazit: Ein klarer Appell an Zusammenarbeit und Wandel
Das Gespräch mit Michael Buller verdeutlicht, wie vielschichtig die Herausforderungen und Chancen in der Tourismusbranche sind. Es zeigt aber auch, dass Resilienz, Nachhaltigkeit und Innovation zentrale Bausteine für die Zukunft sind. „Wir brauchen Mut, Verantwortung und die Bereitschaft, neue Wege zu gehen – sowohl in der Branche als auch in der Gesellschaft,“ so Buller abschließend.