Wie Hotelbewertungen auf Holidaycheck, Tripadvisor und co. proaktiv genutzt werden können, hatten wir im Jahr 2008 bereits ausführlicher dargestellt. NCM hat kürzlich den Bewertungsassistenten vorgestellt mit dem ich mich nun in diesem Artikel kritisch beschäftigen will. Hinter dem Assistenten steckt, so lese ich es zumindest aus der Presseinfo, ein Befragungsmodul, mit welchem nach einem Aufenthalt das Feedback der Gäste erhoben wird. Fällt das Feedback positiv aus, so wird der Gast nach dieser Befragung aufgefordert, seine positive Meinung auf Hotelbewertungsportalen wie Holidaycheck und co. kund zu tun. Ist das Feedback negativ, so wird diese Aufforderung nicht eingeblendet und das negative Feedback wird den entsprechend Verantwortlichen zugestellt. Außerdem bietet die Software im Sinne eines Benchmarks den Vergleich mit anderen Regionen.
Fazit I: Der Gedanke, das Social Web proaktiv zu nutzen wurde hier umgesetzt und negative Bewertungen werden im Sinne einer kundennahen Marktforschung für Qualitätsmanagement eingesetzt – soweit gut gedacht!
Fazit II: Landet doch mal eine negative Bewertung in einem Hotelbewertungsportal, muss der Hotelier aber dennoch einen Reaktionsplan und entsprechende Kenntnisse haben. Außerdem fragt sich auch, inwieweit das Herausfiltern aller negativen Bewertungen Meinungsmanipulation ist und wie diese vom Kunden beurteilt wird – ich wäre da skeptisch, dass medienkompetente Kunden diese Taktik gutheißen.
Fazit III: Im Sinne des wirklichen Social Web ist diese Methode der Meinungsmanipulation jedenfalls nicht – denn dieses will ja gerade authentisch, ehrlich und menschlich sein in Bezug auf seine Inhalte und den Umgang der User miteinander. Zudem zeichnet sich der Trend zum Social Commerce ab, dass heißt Unterkünfte werden, rein hypothetisch, beispielsweise über eine Facebook Applikation gebucht – die Facebook-Freunde sehen den Buchungsvorgang und den Urlaubsbericht am Blog dazu – ein Bewertungsassistent hat hier überhaupt keine Eingriffsmöglichkeiten. Der Social Graph zwischen den potenziellen Kunden ist für die Software nicht erreichbar.
Fazit IV: Wie schon damals in der Hotelbewertungsplattform-Studie eruiert – Qualität bestimmt den Erfolg und die Weiterempfehlungsrate am maßgeblichsten von allen Faktoren, zumindest bis jetzt.
Fazit V: Demzufolge verliert der Bewertungsassistent meines Erachtens sowieso und spätestens mittel- bis langfristig gesehen an Bedeutung, da die Meinungsbildung dann in den Sphären der Social Communities und entsprechender Buchungsapplikationen stattfinden wird!?! Außerdem – unzufriedene Kunden bleiben unzufriedene Kunden, was nicht online erzählt wird, wird zumindest offline weitergetragen – und da ist es dann nicht beobachtbar/ einschätzbar. Die Konzeption des Bewertungsassistenten scheint in gewisser Weise noch immer eine traditionelle und kontrollorientierte Sichtweise des Web2.0-Marketings zu beinhalten.
Fazit VI: Der Bewertungsassistent ist aber sicher eine clevere Geschäftsidee zum Geld verdienen für NCM, strategisch gesehen ein Coup. Warum? Hier wird meines Erachtens Hoteliers der Eindruck vermittelt, sie könnten das Web2.0 mit einer Software in den Griff kriegen (meiner Meinung nach ein Irrtum). Das Benchmarking würde ich persönlich, gesetzt den Fall ich wäre ein gewinnorientierter Agenturbetreiber von NCM 😉 , für den Vertrieb neuer Internetpräsenzen und QM-Tools nutzen und außerdem als Kundenbindungsfaktor für die neue Software (wer storniert weiß nicht mehr wo er steht, so könnte das Argument lauten).
Schluss jetzt: Wegen der beschränkten zeitlichen Möglichkeiten und des noch mangelnden Wissens der Hoteliers im Bereich Social Media Marketing prognostiziere ich aus meiner Sicht ein gutes Wachstum für dieses Software Produkt – auch wenn ich es persönlich nie kaufen würde, aus den angeführten Gründen. Was bleibt? Ich bin gespannt, wie sich das Produkt verbreiten wird.
D.A.